Das Wunder von Remshalden!
Ein Streifzug durch 22 Jahre Fotografie im Remstal
Ich weiß nicht genau warum, wahrscheinlich, weil ich mich gerne selbst quäle, habe ich bei Google den Suchbegriff „Fotograf“ eingegeben und bin dann in Google-Maps von Fellbach entlang der B27 bis Schwäbisch Gmünd gereist. Circa vier Kilometer rechts und links der Schnellstraße habe ich in meine Suche mit einbezogen.
Dabei handelt es sich um Fotografen die zumindest eine Webseite betreiben. Gerne hätte ich Ähnliches bei facebook recherchiert, doch für eine solche Suche reichen meine diesbezüglichen Kenntnisse nicht aus oder anders formuliert, es lag außerhalb meiner bescheidenen schwachen Kräfte.
Eines ist jedoch sicher, jeder der über 20 Jahre alt ist, 100 Freunde und mehr hat, findet darunter durchschnittlich drei bis vier Fotografen die wiederum nur zum Teil eine Schnittmenge mit den „Google-Fotografen“ bilden.
Danach habe ich mich in aller Ruhe zurückgelehnt, eine Tasse Kaffee getrunken und überlegt, wie viele dieser seltenen Spezies ich wohl 1996, zu dem Zeitpunkt, als ich mich in genau dieser Gegend selbständig gemacht habe, wohl in den „gelben Seiten“ gefunden hätte.
Eine kleine Zwischenbemerkung für die jüngeren unter uns; bei den „gelben Seiten“ handelte es sich um einen Google Vorläufer, der ohne Betriebssystem auskam. Der große Nachteil, es war zwingend nötig, das Alphabet zu beherrschen!
Es dürften wohl an die 20 Mitbewerber gewesen sein, bei einer Suche nach „Werbefotografen bzw. Industriefotografen“ etwa 10 „Marktbegleiter“.
Und jetzt, passt auf, die heutige Zahl laut Google-Recherche:
68 Fotografen!!!!
Nicht etwa, dass jeder Fotograf, der sich so nennt, auch diese Bezeichnung verdient hätte, geschweige denn, dass er den Arbeiten, die er in seinem Portfolio zeigt, auch im echten Einsatz gerecht werden kann, aber das weiß eine neugegründete junge Firma, die einen Fotografen sucht ja nicht. So schneidet jeder ein Stück vom Kuchen ab.
Das wohl größte Stück des 1996er Kuchens schneiden jedoch nicht die Unmenge Fotografen ab, sondern die Kunden selbst, die inzwischen dank digitaler Fotografie und Photoshop aufgerüstet sind und selbst fotografieren. Mit meist bescheidenen Ergebnissen, die aber im Gegensatz zu denen, die sie in analogen Zeiten hinbekommen haben, zumindest brauchbar sind.
Das wäre alles nicht dramatisch, wenn unser 1996er Kuchen aus dem haushaltsüblichen Küchenherd sich inzwischen zu einer Torte mit zehn Metern Durchmesser gemausert hätte. Dem ist aber leider nicht so!
Da habe ich mich mit einer neuen Tasse Kaffee erneut zurückgelehnt und mir kräftig selbst auf die Schulter geklopft. Wenn ich heute, unbefleckt von Erbschaft und Lottogewinn, ohne Lebenspartner, der als Beamter die Kohle zum Leben mitbringt, immer noch von diesem Job leben kann, wenn auch zugegebenermaßen nicht mehr so gut wie 1996, dann habe ich wohl auch irgendetwas richtig gemacht. Oder es ist einfach so, siehe Titel, es ist das Wunder von Remshalden!
Eines ist jedenfalls klar! An all jene, die sich gerade jung und voller Hoffnung mit der Berufswahl beschäftigen, Augen auf bei dieser Suche! Wenn es denn unbedingt sein muss, dann werdet eben Fotograf, aber seid Euren Eltern gegenüber zumindest so fair, dass ihr sie nicht dazu drängt, eine teure Fotoschule für Euch zu bezahlen. Sie müssen nach der Ausbildung ja noch jahrzehntelang Euren Lebensunterhalt finanzieren!